29 April 2013

HRINFO (Germany): Zu Gast im Studio‑Mycle Schneider

Am 26.04. jährte sich der Gau von Tschernobyl zum 27. Mal. Aber die Atomkatastrophen in Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011 haben den Abstieg der Atomkraft nur beschleunigt.

Zu Gast in der Sendung ist Mycle Schneider. Er lebt als unabhängiger Energie- und Atompolitikberater in Paris und ist Initiator und Hauptautor des World Nuclear Industry Status Report.

HR-INFO, 28 April 2013, Audio 23:36 min

Der “Welt-Statusreport” ist der Faktencheck zur Atomindustrie. Wer den neuesten aus dem Jahr 2012 lesen möchte, findet ihn unter derm Link: www.WorldNuclearReport.org

Es gibt viele Zahlen zu Atomkraft, aber nur wenige davon sind verlässlich. Der “Welt-Statusreport Atomindustrie” prüft seit 1992 die Angaben der diversen Industriepublikationen und vieler anderer Medien auf ihren Realitätsgehalt. Alle Länder mit Atomkraft werden dargestellt und die Entwicklung über die Jahrzehnte wird in Diagrammen erläutert.

Eine erstaunliche Erkenntnis ist beispielsweise, dass der Atomstromanteil in China fällt, obwohl das Land zurzeit die meisten Atommeiler baut. Der Anteil an Atomstrom liegt mit 1,8 Prozent unter dem aus Windkraft produzierten Stroms. Im Gespräch erläutert Mycle Schneider außerdem, dass auch die USA, trotz der Gas-Revolution durch “Fracking”, massiv in den Ausbau der Erneuerbaren investieren. Vier Fünftel der dort im ersten Trimester 2013 neu zugebauten Kapazität werden mit Wind, Sonne und Biomasse betrieben.

Atommeiler sind “zu teuer und zu langsam” und passen nicht mehr in die “Energielandschaft”, die sich derzeit rasant entwickelt. Dass E.ON und RWE, zwei der größten Energiekonzerne weltweit, aus den Atomprojekten aussteigen, spiegelt die internationale Tendenz wieder. Mycle Schneider weist auch auf die massiv gestiegenen Baukosten und die großen Verzögerungen bei der Fertigstellung des EPR in Finnland und Frankreich hin. Selbst das einzige Land in der EU, das seine Stromversorgung vor allem mit Atomenergie bestreitet, nämlich Frankreich, wolle den Anteil der Atomkraft um ein Drittel reduzieren und müsse dabei größere Anstrengungen schultern als Deutschland mit seinem Ausstieg.

Im Jahr 2050 dürfte der Anteil der Atomkraft an der Stromerzeugung bedeutungslos sein, ist seine Prognose im Gespräch.