Schäden durch Atomkraft
Tagesschau, 11.3.2014
Reaktorunfälle wie in Fukushima sind die sichtbaren Schäden der zivilen Nutzung der Atomkraft. Aber auch Fehlinvestitionen in Kraftwerke, die nie ans Netz gingen, summieren sich auf Hunderte Milliarden. WDR-Recherchen zeigen globale Kosten der friedlichen Nutzung der Atomenergie.
Von Jürgen Döschner, WDR-Wirtschaftsredaktion
Tschernobyl und Fukushima sind die bislang größten, bekanntesten und teuersten Reaktor-Unfälle in der Geschichte der Atomkraft. Die beiden Atomkatastrophen haben zusammen Schäden in Höhe von mindestens 450 Milliarden US-Dollar verursacht. Doch es sind bei weitem nicht die einzigen Namen, die für eine gigantische Geld- und Wertevernichtung durch die friedliche Nutzung der Kernenergie stehen. Auch Wackersdorf, Kalkar, Zwentendorf in Österreich, das tschechische Temelin oder Kostroma in Russland und Hartsville, USA gehören in diese Reihe.
Es habe immer wieder Fehlinvestitionen gegeben, sagt Mycle Schneider, Atomexperte und Herausgeber des jährlichen “World Nuclear Status Report”. Er verweist auf Reaktorbaustellen, die nie fertiggestellt worden seien oder sogar fertiggestellt, aber nicht in Betrieb genommen worden seien. “Zum Beispiel in Bulgarien, wo zwei Atomkraftwerke 25 Jahre lang im Bau waren und vor anderthalb Jahren schlicht aus der Liste gestrichen worden sind, das heißt die Bauarbeiten wurden einfach eingestellt”, sagt Schneider.
Mit Reaktor-Ruinen 500 Milliarden Dollar in den Sand gesetzt
Eine offizielle Statistik solcher Investitions-Ruinen existiert bislang nicht. Nach Recherchen des WDR gibt es jedoch weltweit mehr als einhundert Reaktor-Ruinen und andere zivile Nuklearprojekte wie zum Beispiel Wiederaufbereitungsanlagen oder Atommüll-Lager, die nie oder nur sehr kurze Zeit in Betrieb waren. Allein dadurch wurden mehr als 500 Milliarden Dollar im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt. Insgesamt beläuft sich der volkswirtschaftliche Schaden der Atomkraft nach Recherchen des WDR auf mehr als eine Billion US-Dollar - berechnet im Wert von 2012.
Die Atomkraft ist damit die größte Fehlinvestition aller Zeiten, sagt Nuklear-Experte Schneider. “Es gibt keine andere Branche, in der so viele Projekte auf so viele verschiedene Arten und Weisen zu Kapitalvernichtung geführt haben”, erklärt er.