Nuklear-GAU von Fukushima
Deutschland ist schlecht geschützt
Der Tagesspiegel, 11.03.2014 06:23 Uhr
von Dagmar Dehmer und Ralf Nestler
Vor drei Jahren havarierte Fukushima. Und Deutschland beschloss den Atomausstieg. Aber auch hier werden noch viele Meiler betrieben. Wie sicher sind sie?
Drei Jahre nach Beginn der Atomkatastrophe in Fukushima sind viele Fragen zum sicheren Betrieb von Atomkraftwerken noch nicht beantwortet. Denn trotz Atomausstiegs sind auch hierzulande noch jahrelang Meiler in Betrieb. Zwar hat die Reaktorsicherheitskommission (RSK) schon 2011 überprüft, wie „robust“ sie im Falle eines lang andauernden Stromausfalls wären. Doch welche konkreten Konsequenzen aus dem Geschehen in Japan zu ziehen sind, ist noch immer unklar.
Ist Deutschland auf einen schweren Atomunfall wie in Fukushima vorbereitet?
Nicht gut genug. Zu diesem Schluss ist nach dreijähriger Beratung Mitte Februar auch die Strahlenschutzkommission (SSK) gekommen, die 2011 vom Umweltministerium um Hilfe gebeten worden war. Am Montag ist die Empfehlung der SSK, die sogenannten Planungszonen rund um die Atomkraftwerke zu vergrößern, veröffentlicht worden. Ob diese Empfehlungen umgesetzt werden, ist allerdings noch offen. Denn für den Katastrophenschutz sind die Länder zuständig. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) kündigte am Montag an, die SSK-Empfehlung an die Innenministerkonferenz der Länder weiterzuleiten und sich auch auf europäischer Ebene für eine Überarbeitung der Pläne zum Bevölkerungsschutz einzusetzen.
Schon 2012 hatten Experten des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) damit begonnen, die konkreten Unfallerfahrungen aus Fukushima anhand mehrerer deutscher Atomkraftwerke zu berechnen. Diese Daten stellte das BfS der Strahlenschutzkommission zur Verfügung, deren Facharbeitskreis über die Frage diskutierte, ob die 2008 festgelegten Planungszonen noch die richtigen sind. „Ich freue mich, dass sich nunmehr die Empfehlungen an unsere Vorschläge anlehnen“, sagte BfS-Chef Wolfram König dem Tagesspiegel. Die Debatte war durchaus kontrovers. In der SSK-Empfehlung heißt es nun: „Die Festlegung des für die Notfallplanung zugrundeliegenden Unfallspektrums wurde stärker an den potenziellen Auswirkungen als an der berechneten Eintrittswahrscheinlichkeit von Unfällen orientiert.“ Darin ist die Kontroverse zusammengefasst. Die einen waren der Auffassung, dass die Planungszonen vergrößert und die Notfallplanung besser auf das tatsächliche Unfallgeschehen abgestimmt werden müssten. Andere befürchteten, dass damit nur Panik verbreitet werde, und dass es schwer bis unmöglich werden würde, im Notfall die behördlichen Entscheidungen zu erklären.